Discussion:
Geschichte verdreht: Mao wollte Taiwan anfangs gar nicht
(zu alt für eine Antwort)
Der Heilige Farter
2022-08-26 19:31:41 UTC
Permalink
München/Peking (dpa) - Chinas Kommunistische Partei stellt den
Taiwan-Konflikt als nationale Schicksalsfrage dar: Die «Vereinigung» sei
historische Aufgabe der Partei, heißt es im jüngsten Taiwan-Weißbuch.
«Taiwan gehört seit dem Altertum zu China.» Tatsächlich datiert der
heutige Pekinger Anspruch auf die Jahre nach 1943. Zuvor sprachen sich
Mao Tsetung und weitere Spitzenfunktionäre der KP für die Unabhängigkeit
der Insel aus, wie in Parteidokumenten festgehalten und von
Wissenschaftlern in Taiwan, Japan, den USA und Deutschland dokumentiert
ist. Kein Beleg lässt sich hingegen für die Behauptung finden, dass
Taiwan seit dem Altertum zu China gehöre. Ursprünglich galten die
Taiwaner der chinesischen KP als ebenso eigenständiges Volk wie die
Koreaner, beide damals unter japanischer Kolonialherrschaft. «Es ist
Chinas unmittelbare Aufgabe, alle unsere verlorenen Gebiete
zurückzugewinnen», sagte Mao Tsetung 1936 dem US-Journalisten Edgar
Snow. «Wir schließen Korea jedoch nicht ein.» Wenn die Koreaner die
Ketten des japanischen Imperialismus sprengen wollten, «werden wir ihnen
enthusiastische Hilfe in ihrem Kampf für Unabhängigkeit leisten», sagte
Mao. «Das Gleiche gilt für Formosa» - Snow verwendete in der Übersetzung
den damals im Westen üblichen Namen Taiwans.

Der US-Journalist stand der Partei nahe, die autorisierten Zitate finden
sich in dem 1937 erschienenen Buch «Red Star over China». Im selben Jahr
marschierten japanische Truppen auf breiter Front in China ein. Noch
klarer formulierte Mao 1938 in einem Bericht an seine Partei: «Der
japanische imperialistische Angriffskrieg bedroht und verletzt nicht nur
das chinesische Volk, sondern auch Japans Soldaten und Volk, ebenso
Korea, Taiwan und andere unterdrückte Völker.» Die chinesische KP müsse
den «Völkern Koreas und Taiwans das Prinzip der Vereinten Front gegen
die Invasion vorschlagen».
Chinesische Botschaft bestreitet Maos frühe Position

Die chinesische Botschaft in Berlin bestritt auf Anfrage, dass Mao oder
die KP Taiwan jemals als eigene Nation betrachtet oder eine
Unabhängigkeit der Insel befürwortet hätten. «Die Kommunistische Partei
Chinas hat die Lösung der Taiwan-Frage und die Verwirklichung der
vollständigen Wiedervereinigung des Mutterlandes immer als ihre
unerschütterliche historische Aufgabe betrachtet», hieß es in der
Stellungnahme.

Die historischen Quellen lassen allerdings keinen Zweifel.
Wissenschaftlich dokumentiert und belegt wurden die ursprüngliche
Position der KP und Maos in den 1960er und 1970er Jahren unter anderem
vom taiwanischen Historiker Shi Ming, den US-Sinologen Frank Hsiao und
Lawrence R. Sullivan sowie dem deutschen China-Wissenschaftler
Jörg-Meinhard Rudolph in seiner 1986 erschienen Dissertation: «Die
Kommunistische Partei Chinas und Taiwan 1921 – 1981». Bis etwa 1947 sei
Sicht der KP-Führung gewesen, dass Taiwan ein unabhängiger Staat sein
sollte, sagte Rudolph auf Anfrage.

Getreue Übersetzungen Maos chinesischer Originaltexte inklusive der
heute von Peking dementierten Passagen finden sich darüber hinaus in dem
achtbändigen Riesenwerk «Mao's Road to Power: Revolutionary Writings
1912 – 1949» des US-Atomphysikers und Sinologen Stuart Schram.
Taiwan war lange kein Teil von China

Im Widerspruch zu den historischen Quellen steht auch die Behauptung,
dass Taiwan seit dem Altertum zu China gehöre. In das Kaiserreich
eingegliedert wurde ein Teil Taiwans erstmals 1683 – nicht von einer
chinesischen Dynastie, sondern dem nordasiatischen Volk der Mandschuren,
die ganz China, die Mongolei sowie Teile Nord- und Zentralasiens erobert
und die Qing-Dynastie gegründet hatten. Von Peking aus regierten die
Mandschu ihr Riesenreich bis 1911.

Die erste umfassende chinesische Abhandlung über die Insel verfasste der
kaiserliche Beamte Jiang Minying um das Jahr 1687: «Taiwan war im
Altertum ein Ort unzivilisierter Wilder», heißt es zu Beginn. Jiang
schilderte sodann, dass im 15. Jahrhundert der berühmte chinesische
Admiral Zheng He auf seinen Fahrten durch die Weltmeere Taiwan links
liegen ließ – «weil die Barbaren unbelehrbar waren».

Zheng He gelangte bis nach Indien und Arabien, das von Kopfjägern
bewohnte Taiwan war aus chinesischer Perspektive uninteressant. Spätere
kaiserliche Chronisten hielten im 18. Jahrhundert fest, dass der Name
«Taiwan» auf eine kurzlebige holländische Kolonie in der ersten Hälfte
des 17. Jahrhunderts zurückging und es zuvor keine Verkehrsbeziehungen
zu China gegeben hatte.

Nach 1683 waren Teile Taiwans 200 Jahre eine ewig unruhige Kolonie der
Qing, Tummelplatz für Kopfjäger, Piraten, Räuber und Abenteurer. Unter
Kontrolle der kaiserlichen Verwaltung stand nach den Berichten
westlicher Diplomaten lediglich ein Drittel der Insel. 1895 presste
Japan dem Kaiserreich nach einem kurzen Krieg Taiwan ab.
KP-Interesse erwacht nach Konferenz von Kairo Ende 1943

Ein knappes halbes Jahrhundert später setzte die chinesische
Nationalregierung unter «Generalissimo» Chiang Kai-Shek auf der
Konferenz von Kairo 1943 durch, dass Taiwan nach der Niederlage Japans
an China gehen solle.

Erst ab diesem Zeitpunkt interessierten sich auch Mao und die KP für die
Insel. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs flammte der Bürgerkrieg
gegen Chiangs Nationalpartei Kuomintang (KMT) wieder auf, der 1949 mit
der Flucht des Militärregimes nach Taiwan endete. Spätestens zu diesem
Zeitpunkt hätten Mao und die Spitze der chinesischen KP ihre Sicht
geändert, meint Rudolph.

Von den USA protegiert, träumte Chiang in Taipeh von der «Rückeroberung
des Festlands». Die KP wiederum plante die «Befreiung Taiwans» als
letzten fehlenden Schritt zum Sieg im Bürgerkrieg. Das seit Mitte der
1990er Jahre demokratische Taiwan hat die Ansprüche des früheren
KMT-Regimes längst aufgegeben, während die KP ihre Drohungen gegen die
Insel verschärft.

Vor Gründung der Volksrepublik war Chinas KP durchaus zu Verzicht in der
Lage: So akzeptierte die Partei klaglos den Verlust der Mongolei, die
Teil des Qing-Reichs gewesen war, sowie die endgültige Abtretung
weiterer großer Gebiete im Norden und Westen an die Sowjetunion. Diese
Territorien beansprucht Peking heute nicht mehr.

https://www.rhein-zeitung.de/deutschland-und-welt/politik_artikel,-geschichte-verdeht-mao-wollte-taiwan-anfangs-gar-nicht-_arid,2443474.html
David Burghalter
2022-11-15 12:00:40 UTC
Permalink
Post by Der Heilige Farter
München/Peking (dpa) - Chinas Kommunistische Partei stellt den
Taiwan-Konflikt als nationale Schicksalsfrage dar: Die «Vereinigung» sei
historische Aufgabe der Partei, heißt es im jüngsten Taiwan-Weißbuch.
«Taiwan gehört seit dem Altertum zu China.» Tatsächlich datiert der
heutige Pekinger Anspruch auf die Jahre nach 1943. Zuvor sprachen sich
Mao Tsetung und weitere Spitzenfunktionäre der KP für die Unabhängigkeit
der Insel aus, wie in Parteidokumenten festgehalten und von
Wissenschaftlern in Taiwan, Japan, den USA und Deutschland dokumentiert
ist. Kein Beleg lässt sich hingegen für die Behauptung finden, dass
Taiwan seit dem Altertum zu China gehöre. Ursprünglich galten die
Taiwaner der chinesischen KP als ebenso eigenständiges Volk wie die
Koreaner, beide damals unter japanischer Kolonialherrschaft. «Es ist
Chinas unmittelbare Aufgabe, alle unsere verlorenen Gebiete
zurückzugewinnen», sagte Mao Tsetung 1936 dem US-Journalisten Edgar
Snow. «Wir schließen Korea jedoch nicht ein.» Wenn die Koreaner die
Ketten des japanischen Imperialismus sprengen wollten, «werden wir ihnen
enthusiastische Hilfe in ihrem Kampf für Unabhängigkeit leisten», sagte
Mao. «Das Gleiche gilt für Formosa» - Snow verwendete in der Übersetzung
den damals im Westen üblichen Namen Taiwans.
Der US-Journalist stand der Partei nahe, die autorisierten Zitate finden
sich in dem 1937 erschienenen Buch «Red Star over China». Im selben Jahr
marschierten japanische Truppen auf breiter Front in China ein. Noch
klarer formulierte Mao 1938 in einem Bericht an seine Partei: «Der
japanische imperialistische Angriffskrieg bedroht und verletzt nicht nur
das chinesische Volk, sondern auch Japans Soldaten und Volk, ebenso
Korea, Taiwan und andere unterdrückte Völker.» Die chinesische KP müsse
den «Völkern Koreas und Taiwans das Prinzip der Vereinten Front gegen
die Invasion vorschlagen».
Chinesische Botschaft bestreitet Maos frühe Position
Die chinesische Botschaft in Berlin bestritt auf Anfrage, dass Mao oder
die KP Taiwan jemals als eigene Nation betrachtet oder eine
Unabhängigkeit der Insel befürwortet hätten. «Die Kommunistische Partei
Chinas hat die Lösung der Taiwan-Frage und die Verwirklichung der
vollständigen Wiedervereinigung des Mutterlandes immer als ihre
unerschütterliche historische Aufgabe betrachtet», hieß es in der
Stellungnahme.
Die historischen Quellen lassen allerdings keinen Zweifel.
Wissenschaftlich dokumentiert und belegt wurden die ursprüngliche
Position der KP und Maos in den 1960er und 1970er Jahren unter anderem
vom taiwanischen Historiker Shi Ming, den US-Sinologen Frank Hsiao und
Lawrence R. Sullivan sowie dem deutschen China-Wissenschaftler
Jörg-Meinhard Rudolph in seiner 1986 erschienen Dissertation: «Die
Kommunistische Partei Chinas und Taiwan 1921 – 1981». Bis etwa 1947 sei
Sicht der KP-Führung gewesen, dass Taiwan ein unabhängiger Staat sein
sollte, sagte Rudolph auf Anfrage.
Getreue Übersetzungen Maos chinesischer Originaltexte inklusive der
heute von Peking dementierten Passagen finden sich darüber hinaus in dem
achtbändigen Riesenwerk «Mao's Road to Power: Revolutionary Writings
1912 – 1949» des US-Atomphysikers und Sinologen Stuart Schram.
Taiwan war lange kein Teil von China
Im Widerspruch zu den historischen Quellen steht auch die Behauptung,
dass Taiwan seit dem Altertum zu China gehöre. In das Kaiserreich
eingegliedert wurde ein Teil Taiwans erstmals 1683 – nicht von einer
chinesischen Dynastie, sondern dem nordasiatischen Volk der Mandschuren,
die ganz China, die Mongolei sowie Teile Nord- und Zentralasiens erobert
und die Qing-Dynastie gegründet hatten. Von Peking aus regierten die
Mandschu ihr Riesenreich bis 1911.
Die erste umfassende chinesische Abhandlung über die Insel verfasste der
kaiserliche Beamte Jiang Minying um das Jahr 1687: «Taiwan war im
Altertum ein Ort unzivilisierter Wilder», heißt es zu Beginn. Jiang
schilderte sodann, dass im 15. Jahrhundert der berühmte chinesische
Admiral Zheng He auf seinen Fahrten durch die Weltmeere Taiwan links
liegen ließ – «weil die Barbaren unbelehrbar waren».
Zheng He gelangte bis nach Indien und Arabien, das von Kopfjägern
bewohnte Taiwan war aus chinesischer Perspektive uninteressant. Spätere
kaiserliche Chronisten hielten im 18. Jahrhundert fest, dass der Name
«Taiwan» auf eine kurzlebige holländische Kolonie in der ersten Hälfte
des 17. Jahrhunderts zurückging und es zuvor keine Verkehrsbeziehungen
zu China gegeben hatte.
Nach 1683 waren Teile Taiwans 200 Jahre eine ewig unruhige Kolonie der
Qing, Tummelplatz für Kopfjäger, Piraten, Räuber und Abenteurer. Unter
Kontrolle der kaiserlichen Verwaltung stand nach den Berichten
westlicher Diplomaten lediglich ein Drittel der Insel. 1895 presste
Japan dem Kaiserreich nach einem kurzen Krieg Taiwan ab.
KP-Interesse erwacht nach Konferenz von Kairo Ende 1943
Ein knappes halbes Jahrhundert später setzte die chinesische
Nationalregierung unter «Generalissimo» Chiang Kai-Shek auf der
Konferenz von Kairo 1943 durch, dass Taiwan nach der Niederlage Japans
an China gehen solle.
Erst ab diesem Zeitpunkt interessierten sich auch Mao und die KP für die
Insel. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs flammte der Bürgerkrieg
gegen Chiangs Nationalpartei Kuomintang (KMT) wieder auf, der 1949 mit
der Flucht des Militärregimes nach Taiwan endete. Spätestens zu diesem
Zeitpunkt hätten Mao und die Spitze der chinesischen KP ihre Sicht
geändert, meint Rudolph.
Von den USA protegiert, träumte Chiang in Taipeh von der «Rückeroberung
des Festlands». Die KP wiederum plante die «Befreiung Taiwans» als
letzten fehlenden Schritt zum Sieg im Bürgerkrieg. Das seit Mitte der
1990er Jahre demokratische Taiwan hat die Ansprüche des früheren
KMT-Regimes längst aufgegeben, während die KP ihre Drohungen gegen die
Insel verschärft.
Vor Gründung der Volksrepublik war Chinas KP durchaus zu Verzicht in der
Lage: So akzeptierte die Partei klaglos den Verlust der Mongolei, die
Teil des Qing-Reichs gewesen war, sowie die endgültige Abtretung
weiterer großer Gebiete im Norden und Westen an die Sowjetunion. Diese
Territorien beansprucht Peking heute nicht mehr.
https://www.rhein-zeitung.de/deutschland-und-welt/politik_artikel,-geschichte-verdeht-mao-wollte-taiwan-anfangs-gar-nicht-_arid,2443474.html
LottaBet is a brand new website for online sports betting and online gambling https://www.lottabet.com/casino which provides modern entertainment services for Indian users. The bookmaker is licensed by the Curaçaso Gambling Commission (license № 5536/JAZ), which guarantees safe gaming experience. New Lottabet users can count on an attractive welcome bonuses https://www.lottabet.com/promotions up to Rs 10,000 to get the most out of their bets on sports.
Loading...